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Der BFH ändert seine Rechtsprechung zum Reisekostenrecht! Jeder Arbeitnehmer hat – wenn überhaupt – nur noch ein regelmäßige Arbeitsstätte

Im steuerlichen Reisekostenrecht muss umgedacht werden! Der BFH hat entschieden, dass jeder Arbeitnehmer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte hat.

In seinen heute, am 24.8.2011 veröffentlichen Entscheidungen (Urteil vom 09.06.11 – VI R 55/10, Urteil vom 09.06.11 – VI R 36/10 und Urteil vom 09.06.11 – VI R 58/09) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass jeder Arbeitnehmer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. Damit wird das steuerliche Reisekostenrecht drastisch vereinfacht. Komplizierte Berechnungen des geldwerten Vorteils wegen mehrerer regelmäßiger Arbeitsstätten gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), das "Aufsplitten" der Entfernungspauschale beim Aufsuchen mehrerer Tätigkeitsstätten an einem Arbeitstag und die entsprechend komplizierte Ermittlung von Verpflegungsmehraufwendungen sind damit künftig entbehrlich.

In einer Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs wird klargestellt:

Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte ein Arbeitnehmer, der in mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig war, auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Hieran hält der VI. Senat des BFH jedoch nicht länger fest und begründet dies damit, dass der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen könne, selbst wenn der Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsuche.

1.         Im Verfahren VI R 55/10 hatte der Kläger Fahrten mit dem Firmen-PKW zwischen seiner Wohnung und dem Betriebssitz des Arbeitgebers als Auswärtstätigkeiten geltend gemacht, da er vor Fahrtantritt stets in einem bei der Wohnung belegenen Kellerraum des Arbeitgebers Wartungs- und Optimierungsarbeiten an der betrieblichen EDV-Anlage durchgeführt habe. Finanzamt und Finanzgericht beurteilten die Fahrten dagegen als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Der BFH hat das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen und ihm aufgegeben, den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, welche Tätigkeit an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrgenommen werde und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukomme. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsuche, reiche für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte jedenfalls nicht aus. Ihr müsse vielmehr zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommen.

2.         Deshalb übe ein Arbeitnehmer, der in verschiedenen Filialen seines Arbeitgebers wechselnd tätig ist, eine Auswärtstätigkeit (ohne regelmäßige Arbeitsstätte) aus, wenn keine der Tätigkeitsstätten eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den anderen Tätigkeitsorten habe. Dies hat der BFH in dem Verfahren VI R 36/10 deutlich gemacht. Dort war die Klägerin als Distriktmanagerin für 15 Filialen einer Supermarktkette zuständig und suchte sämtliche Filialen zum Teil in regelmäßigen, aber auch unregelmäßigen Abständen immer wieder auf.

3.         Im Verfahren VI R 58/09, das einen Außendienstmitarbeiter betrifft, hat der BFH entschieden, dass der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer zwar regelmäßig, aber lediglich zu Kontrollzwecken aufsucht, ohne dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG wird.

Die Albertakademie wird diese neuen Entscheidungen, die weitreichende Auswirkungen auf die Abrechnung von Auswärtstätigkeiten und der Pkw-Nutzung haben, ausführlich in den nächsten Seminaren darstellen und erläutern.

Unsere nächsten Seminare finden Sie unter der Rubrik „Seminare“.
Die Urteile können unter www.bundesfinanzhof.de – "Aktuelle Entscheidungen" abgerufen werden.

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